Geschichte der Gastwirtschaft in Bieberach

Bieberach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; Ausschnitt aus „Übersichtsplan des Röderlaufes vom Gabelwehr bis Nieder-Rödern“, SLUB/KS 26344, Deutsche Fotothek / SLUB, Dresden, 2013
Noch bis ins ausklingende neunzehnte Jahrhundert war die Flur im Norden der damaligen Ortschaft Bieberach unbebaut, die heute neben dem Gasthof auch in dessen Osten und Westen Bebauung aufweist. Den Ortsmittelpunkt bildete bis ins Jahr 1912 noch ein Gastraum, welcher ein Teil des Gutes von August Müller (heute im Besitz der Nachfahren Familien Krille) im Zentrum der damaligen Ortsschaft war. Neben dem Ausschank betrieb das Gut gar eine eigene Bierbrauerei. Dieser Gebäudekomplex war zu dieser Zeit eine der beiden dominanten Bauernwirtschaften des Ortes und entstand wahrscheinlich aus einem der Vorwerke, welche die Wasserburgen in der Umgebung bzw. speziell die Burg im Norden der Ortslage versorgte, auf deren Grundmauern Teile des Gebäudekomplexes der heutigen Schäferei Schneider erbaut wurden.
Bernhard Müller, der Sohn von August Müller und Erbe des Gutes, erbaute 1912 die Gastwirtschaft abseits des Gutshofes als eigenständiges Gebäude in der Kubatur, welche bis heute annähernd unverändert im Hauptgebäude erhalten ist. Bereits 1918 wurde das Gebäude von ihm veräußert und fand im Jahr darauf in Betreiber Alfred Claus einen Gastwirt, der dem Gebäude vier Jahrzehnte lang treu bleiben sollte. Er baute es außerdem zum neuen Ortsmittelpunkt aus, indem er neben der Gastwirtschaft im Gebäude eine Bäckerei und einen Warenladen für Lebensmittel und alle Dinge des täglichen Bedarfs betrieb. Nach Alfred Claus wurde der Warenladen 1962 in die Konsumgenossenschaft integriert und von dieser weiter betrieben, während der Betrieb von Gastwirtschaft und Saal bis zur politischen Wende von verschiedenen Wirtinnen und Wirten aufrecht erhalten wurde.
Im Laufe der noch jungen Geschichte des Gebäudes wurden diverse niedrigere Anbauten am südlichen Teil – Sanitäranlagen und kleinere Schuppen – ergänzt. Am Hauptgebäude wurden dagegen nur marginale Änderungen vorgenommen, welche sich primär auf den westlichen Gebäudeteil im Rahmen der Nutzung als Warenladen bis zum Ende der DDR sowie spätere Umbauten zu einem Freizeitraum beschränken.
Aktuelles Potential des Gebäudes
Wie in der Entstehungszeit üblich, wurde auch diese Wirtschaft als eine Verbindung von Gastwirtschaftsräumen mit einem großen Tanzsaal errichtet. Im Obergeschoss über der Wirschaft befinden sich des Weiteren mehrere Räume verschiedener Schnitte, welche unter anderem als Wohnräume des Wirtes und seiner Familie und später als Wohnraum anderer Familien genutzt wurden. Noch bis zur politischen Wende wurde das Gebäude auch als Gastwirtschaft genutzt, so dass sich die zugehörigen Räume strukturell in einem dieser Zeit entsprechenden Zustand befinden und so bis heute nutzbar sind. Sie werden von der Gemeinde Ebersbach zur Anmietung für Veranstaltungen bereitsgestellt.
Quelle: „Bunte Bieberacher Bilder“, Festbroschüre zum 650. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung der Ortschaft Bieberach, Offset- und Buchdruckerei Georg Weigel, Großenhain, 1999